Hollywoods Kriege by Bronfen Elisabeth

Hollywoods Kriege by Bronfen Elisabeth

Autor:Bronfen, Elisabeth [Bronfen, Elisabeth]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-10-402527-8
Herausgeber: Fischer E-Books
veröffentlicht: 2013-10-29T16:00:00+00:00


Das Recycling der Pathosformeln des D-Day

Es wurde viel über Steven Spielbergs dreiundzwanzigminütige Reinszenierung der Landung am Omaha Beach geschrieben. Die Wahrhaftigkeit und die viszerale Wirkung dieser Leinwandschlacht wurden gepriesen, während zugleich auch betont wurde, wie sehr sich Saving Private Ryan sowohl die Tradition des Hollywoodkriegsfilmes als auch die Innovationen der Kinotechnik zunutze macht, um das Genre erneut in die Kultur des Kriegsgedenkens im späten zwanzigsten Jahrhundert einzuschreiben.[142] Wie Burgoyne bemerkt, vermischt Spielberg »computergenerierte Bilder, Live-Action-Fotografie, Reinszenierungen von dokumentarischen Fotos, eine erhöhte Schnittfrequenz, Slow-Motion-Kinematographie und elektronisch verstärktes Sound Design«. Während sein Vertrauen auf das Genregedächtnis eine geschichtete Aufzeichnung der Vergangenheit hervorbringt, um Zeugnis über die traumatische Erfahrung des Krieges abzulegen, ist sein Projekt bewusst zweistimmig angelegt. Als Hommage an die Veteranen, die am Omaha Beach gekämpft haben, gestaltet er sein Narrativ so um, dass es, wie Burgoyne sagt, einer »Re-Illusionierung amerikanischer nationaler Identität nach Vietnam« dient.[143] Veteranen des D-Day sagten aus, dass der Film starke Emotionen wiedererweckte. Filmkritiker entgegneten, dass es weniger um die Frage nach einem wahrheitsgetreuen Realismus sondern um das Spektakel geht. Was als Authentizität wahrgenommen wurde, so legen sie nahe, ist in Wahrheit das Resultat einer sinnlichen Simulation der Schlachterfahrung. Spielbergs meisterlicher Umgang mit Spezialeffekten stellte vor allem einen Realitätseffekt her und machte das Gemetzel am Strand »realer«, als es ein Kameramann an diesem Junimorgen vor Ort je vermocht hätte, so James Chapman. Anstatt dies als manipulativen Trick anzuprangern, verschiebt Chapman seine Diskussion stattdessen raffiniert auf die unauflösbare Spannung, die allen Repräsentationen von Schlachten innewohnt, nämlich die Spannung zwischen einem Verlangen nach Authentizität und der ästhetischen Formalisierung, auf die sie zurückgreifen müssen, um ihre Beweisstücke vorzubringen.[144]

Für meine eigene Auseinandersetzung mit dem kulturellen Überleben filmischer Pathosformeln ist entscheidend, auf welche Art und Weise Spielberg durch den Einsatz von Spezialeffekten, um einen Realismuseffekt herzustellen, das anspricht, was alle Reinszenierungen des D-Day verhandeln müssen, nämlich das nur in geringem Maße vorhandene Material, das tatsächlich am Omaha Beach aufgenommen wurde, sowie die eingeschränkte Perspektive, mit der Regisseure wie John Ford zu kämpfen hatten. Wie Toby Haggith ausführlich dokumentiert, füllt Saving Private Ryan diese Lücke auf, indem er historisches Technicolor-Filmmaterial der Schlachten im Pazifik recycelt. Spielbergs Entscheidung, seine Kamera nah am Boden bei den am Strand festsitzenden Truppen zu halten und sich somit auf ihre subjektive Perspektive, auf die Verwundeten und Toten zu konzentrieren, die so offenkundig in den Newsreels über die Normandie fehlten, ist eine visuelle Strategie, die in Dokumentarfilmen wie With the Marines at Tarawa (1944) und To the Shores of Iwo Jima (1945) wiederholt zum Einsatz kam.[145] Das narrative Spannungsdrama, das sich um den Einsatz von Bangalore-Torpedos zum Durchbrechen der Verteidigungsanlagen der Nazis dreht und das Spielberg (wie seine Vorgänger Zanuck und Fuller) in seine historische Reimagination des D-Day einfügt, zitiert wiederum explizit fiktionale Darstellungen des gleichen Kriegsschauplatzes. In Allan Dwans Sands of Iwo Jima (1949) führt John Wayne erfolgreich einen Angriff auf einen japanischen Bunker auf Tarawa an. Er stirbt am Ende des Filmes, nachdem seine Marines, die nun nach Iwo Jima weitergezogen sind, Mt. Suribachi erfolgreich eingenommen haben.

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